EQUINE CUSHING SYNDROM BEIM PFERD

Was ist das Equine Cushing Syndrom (ECS) beim Pferd?

Das Equine Cushing Syndrom (ECS) ist eine hauptsächlich durch einen Tumor der Adenophyse (= sekundärer Cushing) oder der Nebennierenrinde (primärer cushing, seltener beim Pferd) ausgelöste Überfunktion der Nebennierenrinde bei Pferden, infolge dessen ein erhöhter Cortisolgehalt im Blut entsteht.

Das ECS, welches immer einen chronischen Verlauf nimmt und nicht heilbar ist, gilt als die am häufigsten vorkommende Hormonstörung des Pferdes. Vorwiegend sind Ponys und Pferde im Alter ab 15 Jahren davon betroffen, jedoch auch jüngere erkranken immer häufiger. Laut einer Statistik von Pichon und Gehlen besteht eine Erkrankungshäufigkeit von ca. 20 % der über 15-jährigen Tiere (Pichon und Gehlen / 2017).

Die Robustrassen gelten hierbei als anfälliger für diese Krankheit – zumeist leichtfuttrige Pferde.

Auch die Theorie, es könnte sich um eine sogenannte „Wohlstandskrankheit“ handeln existiert, da zumeist übergewichtige, ältere Pferde mit Bewegungsmangel unter den erkrankten Tieren sind.

Wichtig: Die differentialdignostische Abgrenzung zum Metabolischen Syndrom (EMS) – Stoffwechselkrankheit übergewichtiger Pferde – sollte möglichst erfolgen.

Erläuterung medizinische Fachausdrücke

Adenom – in den meisten Fällen von Drüsengewebe ausgehendes, gutartiges Geschwulst, welches abgekapselt im Inneren von Organen entsteht

Adenophyse (Hirnanhangsdrüse) – für die Cortisol-Produktion in der Nebennierenrinde veantwortlich

Cortisol – Hormon, welches zahlreiche Stoffwechselfunktionen, das Immunsystem und das Herz-Kreislauf-System mitsteuert und beeinflusst

Differentialdiagnose / differentialdiagnostisch – ärztliche Abklärung, ob evtl. eine andere Erkrankung mit ähnlichen oder sogar identischen Symptomen vorliegt

Entstehung und Ursachen Equine Cushing Syndrom

Ein Adenom der Adenophyse wird als häufige Ursache für ein ECS in Betracht gezogen.

Aber auch andere Faktoren wie eine altersbedingte Dopamin-Überempfindlichkeit kommen in Betracht, da die Erkrankung in teils unterschiedlichen Erscheinungsformen auftritt.

Dopamin spielt bei der Steuerung des Teils der Hirnanhangsdrüse eine Rolle, welcher selber für die Steuerung der Nebennierenrinde verantwortlich ist.

Die ca. erbsengroße Hirnanhangsdrüse (lat. Glandula pituitaria) ist eine Hormondrüse und befindet sich an der Hirnbasis.

Bei Pferden, die längere Zeit Cortison als Medikament erhalten haben, kann sich auch hier ein Cushing-Syndrom entwickeln (iatrogenes Cushing-Syndrom).

Folgen

Aufgrund des durch die Überfunktion der Nebennierenrinde ausgelösten zu hohen Cortisolgehaltes im Blut entstehen differenzierte und in einigen Fällen lebensbedrohliche Störungen im Organismus der Pferde. Hiervon ist in erster Linie der Proteinstoffwechsel betroffen, aber auch ein Anstieg des Blutzuckerspiegels und eine verminderte Insulinproduktion werden in diesem Zusammenhang diagnostiziert.

Symptome und Anzeichen

Das Equine Cushing Syndrom hat häufig untypische Symptome und wird fälschlicherweise nicht selten mit Alterserscheinungen in Verbindung gebracht. Sie können sehr vielfältig und unterschiedlich sein. Eventuelle ECS-Symptome, wenn andere Erkrankungen diagnostisch abgeklärt und ausgeschlossen wurden:

Veränderung in Trink-und Fressverhalten

  • Häufiges Wasserlassen und erhöhtes Durstgefühl
  • Appetitlosigkeit, Futterverweigerung, allgemein gestörtes Fressverhalten wie z. B. Wickelkauen (Heu findet sich in ungefähr fingerlangen „Würstchen“ am Fressplatz)

Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes und des Haarkleides (Fell)

  • Gewichtsabnahme (stärker), trotz normaler Fütterung und Fressverhalten
  • Gestörter Fellwechsel (sehr häufiges und oftmals eindeutiges Symptom!). Im Sommer langes Fell, oftmals mit Bildung von Löckchen, Kötenbehang (lang, wuschelig), im Winter langes, dickliches Fell mit Restbehaarung des vorhergehenden Fells
  • Muskeln können sich zurückbilden (vorwiegend am Rücken), teils kommt es zur Fettbildung am Bauch (Hängebauch) und Mähnenkamm
  • Fettablagerungen über den Augen, eventuell auch vermehrtes Tränen

Verhaltensänderungen

  • Müdigkeit und Leistungsabfall
  • Hängenlassen des Kopfes im Stehen
  • Lethargie und Anzeichen von Abgeschlagenheit und Niedergeschlagenheit („Depression“)

Veränderungen im Herz-Kreislauf-Systems und des Stoffwechsels

  • Herz-Kreislaufprobleme (evtl. Kollaps)
  • Stoffwechselstörungen, teils schwer (Symptome können an Kreuzverschlag erinnern)
  • Anfälligkeit für Infekte
  • Gesteigertes und übermässiges Schwitzen

Sonstige Krankheitsanzeichen und Symptome

  • Sehnenentzündungen
  • Knochenprobleme, Osteoporose (Knochenschwund)
  • Mauke
  • Pilzbefall
  • Kotwasser, Durchfälle (nicht behandelbar)
  • Gestörte Magensäureproduktion und Abnahme der Magenschutzschicht
  • Speicheln

Hufveränderungen / -probleme

  • Huflederhautentzündung und Hufabszesse
  • Hufrehe mit unüblicher Symptomatik und zu untypischer Jahreszeit.

Die daraus folgende eventuelle Hufbeinrotation oder Hufbeinsenkung kann jedoch für das erkrankte Pferd relativ schmerzlos sein, sodass die sonst gut erkennbare und oftmals auftretende Rehestellung ausbleiben kann.

Diagnose Equine Cushing Syndrom

Besonders der sogenannte „Hirsutismus“ (gestörter Fellwechsel) gibt dem behandelnden Tierarzt oder Therapeuten oft einen deutlichen Hinweis auf ein evtl. ECS. Auch die Hufrehe ist gemäss einer amerikanischen Studie nicht selten durch das Equine Cushing Syndrom verursacht.

Hauptdiagnostische Massnahme ist vor allem der Dexamethason-Suppressionstest (DST oder Dexamethason-Hemmtest) als ein sog. Provokationstest.

Hierbei wird dem Pferd eine kleine Dosis Dexamethason (künstlich hergestelltes Cortisol-Derivat) oral (ins Maul) oder intravenös (in die Vene) verabreicht.

Als Folge kommt es zu einer Hemmung der Cortisol-Produktion im Körper, welche bei einem gesunden Pferd zu einem deutlichen Abfall des Cortisolgehaltes im Blut führt.

Bei einem Pferd mit Cushing-Syndrom (Symptomatik ECS, siehe oben) ist dies jedoch NICHT der Fall – und ist somit ein deutlicher Hinweis, die Erkrankungsursache hier zu suchen.

Allerdings sind mehrere Blutentnahmen notwendig, da der Cortisolspiegel durch erhöhten Stress und tageszeitlich bedingt starken Schwankungen unterliegt.

Zweite mögliche Diagnoseerstellung: Messung des endogenen ACTH-Spiegels (AdenoCorticoTrope Hormon). Dieses Hormon wird in der Hirnanhangsdrüse produziert und ist für die Regelung des Cortisol-Spiegels im Körper zuständig.

Dieser Test ist weniger aufwändig als der DST und auch preiswerter. Erst, wenn nach Durchführung des ACTH-Testes noch berechtigte Zweifel an der Diagnose bestehen, sollte nach Meinung einiger Tierärzte und Therapeuten der DST erfolgen.

Für beide Tests wird man mindestens eine Woche Zeit benötigen.

Behandlung / Therapien

Da die Erkrankung nicht heilbar ist, sollte immer ein früher Beginn der Therapie erfolgen. Dadurch kann zumindest eine teils sehr erfolgreiche Rückbildung der Symptome erzielt werden und die betroffenen Pferde oftmals noch lange Zeit ein relativ normales und beschwerdefreies Leben führen.

Mögliche Behandlungsweisen und Therapieansätze (kein Anspruch auf Vollständigkeit):

Schulmedizinisch: Wirkstoff Pergolid – soll die körpereigene Cortisolproduktion blockieren. Aufgrund der Unheilbarkeit von ECS muss dieser voraussichtlich lebenslang gegeben werden.

Alternativ-naturheilkundlich: Mönchspfeffer (lat. Vitex-agnus-castus) – wird in einigen Präparaten oder als Reinwirkstoff gegen Cushing eingesetzt. Dieser greift erfahrungsgemäss, ohne Hervorrufen von Nebenwirkungen, regulierend in den Hormonhaushalt ein. Die individuelle Dosierung muss mit Tierarzt und Therapeut unbedingt abgesprochen werden.

Grundsätzlich wird versucht, dem gestörten Stoffwechsel auch mit einer entsprechenden Futterumstellung (z. B. weniger Stärke und Kohlehydrate, wenig Zucker, viel Raufutter) und einem optimierten Bewegungsplan entgegenzuwirken.

Da Cushing-Pferde zu Hufrehe tendieren, sollte der Koppel-und Weidegang zeitlich kontrolliert und das jahreszeitlich zu frühe Anweiden wegen des sehr hohen Zuckergehaltes im Gras vermieden werden.

Prognose und Heilungsaussichten

Aufgrund des chronischen Krankheitsverlaufes ist die Prognose eher ungünstig, vor allem wenn es bereits, in Folge der Erkrankung, zu einer starken Hyperglykämie (Blutzuckeranstieg) gekommen ist.

Andernfalls können gut therapierte und rechtzeitig behandelte Tiere auch im Verlauf dieser Erkrankung ein relativ normales und lebenswertes Leben haben.

Vorbeugung

In der Regel nicht möglich, da die Erkrankung durch eine Fehlfunktion der Hirnanhangsdrüse verursacht wird.

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